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Gestaltungsmittel: Einführung

Gestaltungsmittel: Einführung

Gestaltungsmittel, in der bild., bauenden und angew. Kunst wirksam werdende Dimensionen, Übereinstimmungen, Differenzen, Kontraste, Grenz- bzw. Richtungswerte, die in einem jeweils gegebenen Zusammenhang ( Darstellungsform) oder auch isoliert eine Gestaltung bewirken. Dabei ist eine totale Isolierung unmöglich. Eine künstler. Form besteht zwar »nur« aus Mitteln, aber der Charakter ihrer Aussage ist dadurch weder ideell noch ästhet.-visuell bestimmt.

Die G. sind (gegebenenfalls weiterentwickelte und gemäß der jeweiligen Kunstgattung ausgeprägte) Resultate der Erfahrungen, die der Mensch bei der Aneignung der Wirklichkeit gemacht hat, und ein Widerschein der in ihr wirkenden Gesetzmäßigkeiten. Die vorgefundenen elementaren G. sind schließlich verallgemeinerte Strukturmodelle, gefestigt in den jeweiligen künstler. Aussagen wie in der ästhet. Kommunikation. Dabei werden in einem längeren, hist. und sozialökonom. determinierten Prozeß jeweils neue techn. Möglichkeiten zu G.n, in dem sie in das funktionale Beziehungsgefüge der Kunst eingeordnet werden.

Aus der Welt der G. im visuellen Bereich seien die wesentlichsten unter den in der künstler. Gestaltung wirksamen wiedergegeben.

1. Dimensionen: Von ihrem Ausmaß (bei Berücksichtigung der Umgebung) hängt meistens wesentl. die Beachtung ab, die das Auge einer Form schenkt. Sie können in ihrer Wirkung gesteigert werden durch Kontraste der Proportionen und richtigen Farbwahl.

2. Übereinstimmungen: Sie vermitteln oft den Eindruck einer Ausgeglichenheit.

3. Richtungs- oder Grenz- (Begrenzungs-) Wert von Linien(Formen): Sie bestimmen, ob das Auge vornehml. Richtungs- (Bewegungs-) Bahnen empfindet oder Flächen.

4. Elementare Kontraste: Lang-kurz; gerade-gebogen; gerichtet-ungerichtet; horizontal-vertikal; diagonal-zirkulär; hoch- niedrig; breit-schmal; groß-klein; stetig-unterbrochen; spitzstumpf; glatt-rauh; strukturiert-unstrukturell usw.

5. Fläche-Linie-Raum (Körper-) Kontraste: Fläche- Linie; Fläche-Körper;

6. Farbkontraste:
a) Farbe-an- sich-Kontrast: Reine Farbe in bunter Zusammenstellung; Schwarz-Weiß-Kontrast.
b) Hell-Dunkel-Kontrast: Entgegenstellungen unterschiedl. Helligkeiten und Tonwerte der Farben.
c) Kalt-Warm-Kontrast: Größte Kontrastwirkung zwischen Orangerot und Blaugrün. Die Farben erscheinen kalt oder warm je nach ihrer Beziehung zu wärmeren oder kälteren Tönen.
d) Komplementär-Kontrast: Komplementäre Farben steigern sich zu höchster Intensität, gemischt heben sie sich auf zu Grau-Schwarz.
e) Simultan- Kontrast: Jede reine Farbe verlangt physiolog. ihre Gegenfarbe. Wenn sie nicht vorhanden ist, erzeugt das Auge diese Komplementärfarbe simultan. Ein starkes Rot läßt daneben stehendes neutrales Grau grünl.-grau erscheinen. Ein starkes Grün läßt das gleiche Grau rötl. erscheinen.
f) Der Quantitätskontrast: Gegenüberstellung verschieden großer Farbflächen.
g) Der Qualitäts-Kontrast: Gegensatz von leuchtenden und stumpfen Farben. Trübung durch komplementäre Farben.
h) Der Farbe-Form-Kontrast: Die Farbe des »Gegenstandes« und seine Form fallen auseinander.

7. Die Formcharaktere des Kreises, Dreiecks und Quadrats und ihre Beziehungen zum Zirkulären, Diagonalen und Horizontal-Vertikalen:
a) Wirkungen einheitl. Formcharaktere.
b) Wirkung unterschiedl. Formcharaktere.

8. Proportionskontraste. Auch hier geht es um Wirkungen, die nicht mehr der Wirklichkeit von Formverhältnissen entsprechen. Eine Größe kann durch Kontraste größer erscheinen, als sie ist, ein Farbton intensiver, als er ist, eine Länge kürzer, als sie ist, usw. Solche simultanen Proportionsveränderungen können nur mit dem Empfinden des Auges beurteilt werden. Sie geben einen Formzusammenhang, eine Lebendigkeit, die der Gestaltende sucht. Akzente wirken infolge auffallender Dimensionen (bes. im Rahmen unterschiedl. Proportionen) als Ergebnis entschiedener Richtungs- bzw. Grenzwerte von Formen und auf Grund entsprechender Farbwahl. Akzentpunkte geben das Spannungsgerüst einer bildner. Form eines Gemäldes, einer Graphik, einer Werbegraphik usw. Akzente markieren die Blickbahn und führen damit das Auge des Betrachters. Es gleitet von Akzent zu Akzent. Der Betrachtende empfindet dadurch Abstand, Beziehungen, Vorstellungsverknüpfungen als simultane Linienverbindungen. Diese Linien werden zu »Sehbahnen« und erhalten ästhet.-ideelle Bedeutung, weil sie visuelle Größen, Formfiguren usw. zur Wirkung bringen.
Akzente können alle unter 1 bis 8 dargelegten Farben- und Formeigenschaften bzw. -verhältnisse nutzen, bes. Horizontal-Vertikal (Quadrat-Rechteck-Verhältnis), Diagonal (Dreiecks- Verhältnis), Zirkulär (Kreis-Verhältnis). Ein dominierender Akzent (Form oder Farbe bes. im Zusammenhang mit anderen Kontrasten) läßt das Auge länger verweilen als ein schwächerer Akzent, der immer wieder zum führenden Bildeindruck zurückleitet. Hauptakzente sind für die ästhet.-ideelle und informative Wirkung bes. in der Gebrauchsgraphik mit entscheidend.
Proportionen können Zahlverhältnissen entsprechen: Goldener Schnitt, 1:2:4:8 usw. 1:3:9:27 usw.

9. Formrhythmen: Wiederholungen, Gleichklänge von Punkten, Linien, Flächen, Farben, Kontrasten, Proportionen, Strukturen, Texturen und Formkomplexen sind Formrhythmen. Ein visueller Rhythmus kann regelmäßig und unregelmäßig, d. h. undifferenziert (einfache Reihung, Wiederholung) und differenziert sein, z.B. auf und ab, hell und dunkel, stark und schwach, kurz und lang usw. Ein Rhythmus kann im Farbauftrag wie in der Schrift liegen usw.
Formempfindl. Menschen können überall, auch in den unscheinbarsten Gegenständen, in der durch die Fotografie erschlossenen Mikrowelt, in Strukturen, die dem ungeübten Auge chaot. erscheinen, formrhythm. Zusammenhänge wahrnehmen.
Visuelle Rhythmen bilden die Grundlage bes. für das Ornament. Die islam. und jüd. Kunst baut überwiegend auf diesen Formenzusammenhängen auf und hat dabei einen faszinierenden Formenreichtum entwickelt.

10. Stimmungstönungen bzw. -kontraste, die den Charakter von Darstellungsformen annehmen können: Dynam.-stat., offen-geschlossen, gespannt-gelöst, klar-nicht klar, harmon.- disharmon., lastend-tragend.

Alle hier gen. visuell bedeutsamen Formen- und Farbeigenschaften (bzw. -verhältnisse) wirken in der Architektur, den bild. Künsten, den angewandten Bereichen und in der (Industrieform-) Gestaltung auf vielfältige und differenzierte Weise zusammen. Aus der vorliegenden Folge von G.n ist schon ersichtl., wie sie sich von elementaren Eigenschaften zu komplizierten Harmonien, Kontrastzusammenhängen usw. steigern können, so daß der konkrete visuelle Sinn immer reicher wird und schließl. dem ästhet. Erleben auch den Zugang zur Welt des wirkl. und des begriffl.-log. Bedeutenden ermöglicht.
So verstanden, sind diese Sinnbeziehungen nicht nur Träger eines visuellen Gehalts, sondern können in der Konkretheit des jeweiligen Kunstwerks zum Träger einer visuellen Geistigkeit, eines Inhalts, einer visuell ausgeformten weltanschaul. Haltung werden. In vielen Fällen der angew. Künste, bei Teilen der Industrieform-Gestaltung und bes. in der Architektur erfassen die G. auch den hapt. bzw. den räuml.-zeitl. Wirkungsbereich. Außerdem kommt es angesichts der oft beträchtl. Ausmaße von Architekturwerken darauf an, bei allen G.n die Wirkung der Perspektive zu beachten bzw. schöpfer. zu nutzen.

nach: [Lexikon der Kunst: Gestaltungsmittel. Lexikon der Kunst, S. 10396
(vgl. LdK Bd. 2, S. 724 ff.) (c) E. A. Seemann]

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